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André Pilz: "Man Down", Haymon-Verlag, Innsbruck - Wien 2010, 276 Seiten
Die Hauptfigur in diesem Roman ist ein junger Leiharbeiter, der in existenziellen Schwierigkeiten steckt. Das dritte Buch von André Pilz, "Man Down", ist in einer drastischen Sprache geschrieben und nichts für Zartbesaitete.
Der 25-jährige Kai Samweber ist vor einem Jahr bei seiner Arbeit als Dachdecker von einem Münchener Dach gestürzt und nur knapp mit dem Leben davongekommen. Aber nicht nur seine Knochen, vor allem sein Leben ist in die Brüche gegangen. Die Firma, für die er als Leiharbeiter auf dem Bau war, hat Insolvenz angemeldet, und Kai steckt in arger finanzieller Not. Er haust in einer heruntergekommenen Bleibe, bezieht Hartz IV, trinkt und nimmt Drogen. Die Brüder seines zwielichtigen türkischen Kumpels Shane fordern das ihm geliehene Geld zurück, und so sieht Kai keinen anderen Weg aus der Schuldenfalle, als Drogen über die Grenze zu schmuggeln.
Bei seinem ersten Job als Drogenkurier verliebt er sich in Marion, die als Prostituierte arbeitet, weil sie ihrem Bruder helfen will, der - genau wie Kai - Schulden bei den Dealern hat. In Marion sieht Kai ein Licht am Ende des Tunnels, doch sie verbirgt vor Kai ein fatales Geheimnis.
Kai hadert mit seinem Bruder Florian, der elfjährig bei einem mysteriösen Unfall ums Leben kam und den er stets als Schwächling und Verlierer sah, und weil er selbst auf gar keinen Fall zu dieser Gruppe gehören möchte. Andererseits schreibt er dem Toten unzählige Briefe, in denen er seine wahren Gefühle offenbart. Antworten sucht Kai auch bei seiner Stiefmutter, die er zehn Jahre nicht gesehen hat und die er mit Shane erstmals wieder besucht. Doch da haben ihn die Drogenfahnder bereits ins Visier genommen.
André Pilz widmet sich in seinem dritten Roman den Verlierern der modernen Gesellschaft. "Friss oder stirb" heißen die Alternativen für die Hauptfigur Kai, Freundschaft ist oft nur Heuchelei oder leeres Getue. Entsprechend hart, brutal und direkt ist die Sprache des Buches. Der Ich-Erzähler Kai kann keine Schutzhülle um sich herum aufbauen, das Schicksal kommt hautnah an ihn - und an den Leser - heran.
Das Buch geht äußerst hart ins Gericht mit unserer Wohlstandsgesellschaft, in der achselzuckend darüber hinweggesehen wird, dass in ihr ganze Gruppen wie Arbeitslose oder Kranke ins Abseits geraten können.
Der Autor teilt zahlreiche Seitenhiebe in Richtung Politik und Wirtschaft aus: Bosse beuten ihre Mitarbeiter aus wie Sklaven, Banker werden mit großzügigen Abfindungen in den Ruhestand versetzt, anstelle für ihre Fehlleistungen zur Verantwortung gezogen zu werden. Die oberen Zehntausend sind geradezu unantastbar geworden, weil keine Krähe einer anderen ein Auge aushacken würde. Aus Sicht des Erzählers läuft heutzutage eine ganze Menge schief.
Sprachlich nimmt André Pilz kein Blatt vor den Mund, und es ist Geschmackssache, ob man den häufigen und schonungslosen Gebrauch der aus dem Englischen übernommenen "four-letter-words" authentisch oder unappetitlich findet. Doch der Leser sollte sich von der drastischen Sprache nicht abschrecken lassen. Immerhin hat der Autor seine Hauptfigur in eine tief verzweifelte Lage versetzt, und da passt keine politische Korrektheit. "Man Down" ist nichts für Zartbesaitete, André Pilz' drittes Buch will und wird Anstoß erregen.
Besprochen von Roland Krüger
André Pilz - "Man Down"
Roman, 276 Seiten
Haymon-Verlag, Innsbruck - Wien, Februar 2010
19,90 Euro
André Pilz: "Man Down", Haymon-Verlag, Innsbruck - Wien 2010, 276 Seiten
Die Hauptfigur in diesem Roman ist ein junger Leiharbeiter, der in existenziellen Schwierigkeiten steckt. Das dritte Buch von André Pilz, "Man Down", ist in einer drastischen Sprache geschrieben und nichts für Zartbesaitete.
Der 25-jährige Kai Samweber ist vor einem Jahr bei seiner Arbeit als Dachdecker von einem Münchener Dach gestürzt und nur knapp mit dem Leben davongekommen. Aber nicht nur seine Knochen, vor allem sein Leben ist in die Brüche gegangen. Die Firma, für die er als Leiharbeiter auf dem Bau war, hat Insolvenz angemeldet, und Kai steckt in arger finanzieller Not. Er haust in einer heruntergekommenen Bleibe, bezieht Hartz IV, trinkt und nimmt Drogen. Die Brüder seines zwielichtigen türkischen Kumpels Shane fordern das ihm geliehene Geld zurück, und so sieht Kai keinen anderen Weg aus der Schuldenfalle, als Drogen über die Grenze zu schmuggeln.
Bei seinem ersten Job als Drogenkurier verliebt er sich in Marion, die als Prostituierte arbeitet, weil sie ihrem Bruder helfen will, der - genau wie Kai - Schulden bei den Dealern hat. In Marion sieht Kai ein Licht am Ende des Tunnels, doch sie verbirgt vor Kai ein fatales Geheimnis.
Kai hadert mit seinem Bruder Florian, der elfjährig bei einem mysteriösen Unfall ums Leben kam und den er stets als Schwächling und Verlierer sah, und weil er selbst auf gar keinen Fall zu dieser Gruppe gehören möchte. Andererseits schreibt er dem Toten unzählige Briefe, in denen er seine wahren Gefühle offenbart. Antworten sucht Kai auch bei seiner Stiefmutter, die er zehn Jahre nicht gesehen hat und die er mit Shane erstmals wieder besucht. Doch da haben ihn die Drogenfahnder bereits ins Visier genommen.
André Pilz widmet sich in seinem dritten Roman den Verlierern der modernen Gesellschaft. "Friss oder stirb" heißen die Alternativen für die Hauptfigur Kai, Freundschaft ist oft nur Heuchelei oder leeres Getue. Entsprechend hart, brutal und direkt ist die Sprache des Buches. Der Ich-Erzähler Kai kann keine Schutzhülle um sich herum aufbauen, das Schicksal kommt hautnah an ihn - und an den Leser - heran.
Das Buch geht äußerst hart ins Gericht mit unserer Wohlstandsgesellschaft, in der achselzuckend darüber hinweggesehen wird, dass in ihr ganze Gruppen wie Arbeitslose oder Kranke ins Abseits geraten können.
Der Autor teilt zahlreiche Seitenhiebe in Richtung Politik und Wirtschaft aus: Bosse beuten ihre Mitarbeiter aus wie Sklaven, Banker werden mit großzügigen Abfindungen in den Ruhestand versetzt, anstelle für ihre Fehlleistungen zur Verantwortung gezogen zu werden. Die oberen Zehntausend sind geradezu unantastbar geworden, weil keine Krähe einer anderen ein Auge aushacken würde. Aus Sicht des Erzählers läuft heutzutage eine ganze Menge schief.
Sprachlich nimmt André Pilz kein Blatt vor den Mund, und es ist Geschmackssache, ob man den häufigen und schonungslosen Gebrauch der aus dem Englischen übernommenen "four-letter-words" authentisch oder unappetitlich findet. Doch der Leser sollte sich von der drastischen Sprache nicht abschrecken lassen. Immerhin hat der Autor seine Hauptfigur in eine tief verzweifelte Lage versetzt, und da passt keine politische Korrektheit. "Man Down" ist nichts für Zartbesaitete, André Pilz' drittes Buch will und wird Anstoß erregen.
Besprochen von Roland Krüger
André Pilz - "Man Down"
Roman, 276 Seiten
Haymon-Verlag, Innsbruck - Wien, Februar 2010
19,90 Euro