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Im Film "Nothing Personal" erfährt man nichts über die Protagonisten
Urszula Antoniak im Gespräch mit Holger Hettinger
In ihrem Film "Nothing Personal" zeigt die Regisseurin Urszula Antoniak die langsame Annäherung zwischen einer Frau und einem Mann, die für sich Ruhe und Einsamkeit suchen. Weil sie die Einsamkeit selber suchen, sei dies "eine zufriedene, heitere Form des Alleineseins", sagt die Regisseurin.
Urszula Antoniak: Ja, es liegt vielleicht wirklich nahe, zu sagen, dass es sich bei dem Haus und der Landschaft um zwei weitere Protagonisten des Films handelt, die zu den beiden anderen, zu dem Mann und der Frau, dazukommen, gespielt von Lotte Verbeek und von Stephen Rea. Und als einen weiteren Protagonisten würde ich hier auch noch die Musik nennen, die in diesem Film die Rolle der Ruhe spielt. Anders als vielleicht in traditionellen Filmen oder in anderen Filmen ist die Musik hier ein Bestandteil der Ruhe. Wie es auch bei Menschen oft so ist, die die Entscheidung getroffen haben, in Ruhe zu leben, in der Einsamkeit zu leben und keine anderen Menschen als Kontaktperson zu haben, so hören diese Menschen oft Musik.
Und ein weiteres Experiment war es vielleicht auch, diese Menschen 80 Minuten lang im Film agieren zu lassen, ohne etwas über ihre Herkunft, ihre Vergangenheit oder ihre Persönlichkeit zu erzählen, sozusagen den Zuschauer im Ungewissen darüber zu lassen, wo diese Leute herkommen, was ihre Vergangenheit ist. Und ich denke, dass dieses Experiment geglückt ist, da die Leute den Film offensichtlich mochten.
Holger Hettinger: Interessant, dass Sie es sagen, weil genauso hatte ich es eigentlich auch gesehen, dass diese Figuren - die Namen, die sind mir schon gar nicht mehr gegenwärtig -, dass die wie Chiffren für etwas stehen, für etwas sehr Interessantes, wie ich finde, nämlich für eine Einsamkeit, der nichts fehlt. Ich habe nicht das Gefühl, dass diese beiden Menschen unter diesem Alleinsein so leiden, im Gegenteil: Man hat das Gefühl, die sind erfüllt, ausgefüllt, auch sehr stark mit sich selbst ausgefüllt, sehr stark bei sich ruhend. Und doch, die Vereinbarung ist: kein Kontakt, aber es funktioniert nicht, und ich finde das sehr schön zu sehen, wie diese tastende Annäherung, dieses schrittweise ... dieses Bedürfnis, diese Menschen in irgendeiner Weise - obwohl sie es strikt zu vermeiden versuchen - denn doch noch mal aufeinander zugehen. Was war der Hintergrund dieser Überlegung, das filmisch zu fassen?
Antoniak: Ich denke, das Hauptthema des Films "Nothing Personal" ist eine selbst auferlegte Einsamkeit, das Alleinesein, das die Menschen suchen. Es ist ein Film über das Alleinesein als Freiheit, ein gewählter Weg, nicht als Schicksal begriffen, nicht als unentweichbare, negative Wahrheit, wie es im Westen ja oft gesehen wird, da erscheint die Einsamkeit ja oft als etwas sehr Negatives. Wenn man keine 500 Freunde auf Facebook hat, gilt man schon manchmal nicht mehr als normal, so ungefähr. Und hier handelt es sich aber um Menschen, die diese Einsamkeit bewusst gewählt haben und deshalb auch so selbstsicher agieren können, und ich denke, dass das Verlangen nach Einsamkeit ebenso menschlich ist wie das nach Gemeinschaft, nach Kontakt. Mache wollen halt ... oder zu manchen Zeiten möchte man halt mit anderen sein und manchmal allein.
Hettinger: Ich muss gestehen, ich habe was ganz anderes erwartet, als ich die Konstellation Ihres Films gehört habe, denn ich habe bei der Berlinale einen Film gesehen, der zeigt, wie zwei Menschen in einer russischen Eiswüste ganz auf sich zurückgeworfen werden - der Film von Alexej Popogrebski. Eine ganz extreme, unwirkliche Situation, und dann kommt es zu extremen Handlungen. Bei Ihnen ist das ganz anders. Ich hatte so das Gefühl, dass das Haus, dass die Landschaft, dass die Musik die Charaktere umschmeichelt. Gerade die Landschaft wirkt ja oft wie so eine Interpretationsebene, in der Gefühle gespielt werden, in der Empfindungen widergespiegelt werden, das Ganze ganz gelassen erzählt, eine Sinfonie mit fünf langsamen Sätzen, um es prosaisch zu formulieren. Das schafft eine ganz eigene Zeiterfahrung. Was war die Idee dahinter, das mit dieser großen Gelassenheit und meditativen Ruhe zu erzählen?
Antoniak: Ich denke, dass "Nothing Personal" ein vollkommen anderer Film ist als der, den Sie eben erwähnt haben. Hier sind die zwei Protagonisten freiwillig in der Einsamkeit, sie haben die Einsamkeit, das Alleinesein, für sich gewollt, sie sind nicht darin gefangen und sie haben diese Situation für sich gewählt. Und wenn man diese Einsamkeit wählt, bekommt auch die Landschaft einen anderen Charakter für einen, weil es eine gesuchte Umgebung ist, in der man sich aufhält und die sozusagen zu einem Protagonisten dann wird. Und ich habe auch in diesem Fall dadurch eine sehr heitere Form der Einsamkeit gewählt, eine zufriedene, heitere Form des Alleineseins, in der die Menschen die Ruhe genießen können und sich selber hören können - meditativ in dem Sinne, dass sie auch versuchen, eine Beziehung mit sich selber aufzubauen durch diese Ruhe. Und das Alleinesein bringt hierbei keine Konflikte, sondern für diese Personen eine Bereicherung.
Im Film "Nothing Personal" erfährt man nichts über die Protagonisten
Urszula Antoniak im Gespräch mit Holger Hettinger
In ihrem Film "Nothing Personal" zeigt die Regisseurin Urszula Antoniak die langsame Annäherung zwischen einer Frau und einem Mann, die für sich Ruhe und Einsamkeit suchen. Weil sie die Einsamkeit selber suchen, sei dies "eine zufriedene, heitere Form des Alleineseins", sagt die Regisseurin.
Urszula Antoniak: Ja, es liegt vielleicht wirklich nahe, zu sagen, dass es sich bei dem Haus und der Landschaft um zwei weitere Protagonisten des Films handelt, die zu den beiden anderen, zu dem Mann und der Frau, dazukommen, gespielt von Lotte Verbeek und von Stephen Rea. Und als einen weiteren Protagonisten würde ich hier auch noch die Musik nennen, die in diesem Film die Rolle der Ruhe spielt. Anders als vielleicht in traditionellen Filmen oder in anderen Filmen ist die Musik hier ein Bestandteil der Ruhe. Wie es auch bei Menschen oft so ist, die die Entscheidung getroffen haben, in Ruhe zu leben, in der Einsamkeit zu leben und keine anderen Menschen als Kontaktperson zu haben, so hören diese Menschen oft Musik.
Und ein weiteres Experiment war es vielleicht auch, diese Menschen 80 Minuten lang im Film agieren zu lassen, ohne etwas über ihre Herkunft, ihre Vergangenheit oder ihre Persönlichkeit zu erzählen, sozusagen den Zuschauer im Ungewissen darüber zu lassen, wo diese Leute herkommen, was ihre Vergangenheit ist. Und ich denke, dass dieses Experiment geglückt ist, da die Leute den Film offensichtlich mochten.
Holger Hettinger: Interessant, dass Sie es sagen, weil genauso hatte ich es eigentlich auch gesehen, dass diese Figuren - die Namen, die sind mir schon gar nicht mehr gegenwärtig -, dass die wie Chiffren für etwas stehen, für etwas sehr Interessantes, wie ich finde, nämlich für eine Einsamkeit, der nichts fehlt. Ich habe nicht das Gefühl, dass diese beiden Menschen unter diesem Alleinsein so leiden, im Gegenteil: Man hat das Gefühl, die sind erfüllt, ausgefüllt, auch sehr stark mit sich selbst ausgefüllt, sehr stark bei sich ruhend. Und doch, die Vereinbarung ist: kein Kontakt, aber es funktioniert nicht, und ich finde das sehr schön zu sehen, wie diese tastende Annäherung, dieses schrittweise ... dieses Bedürfnis, diese Menschen in irgendeiner Weise - obwohl sie es strikt zu vermeiden versuchen - denn doch noch mal aufeinander zugehen. Was war der Hintergrund dieser Überlegung, das filmisch zu fassen?
Antoniak: Ich denke, das Hauptthema des Films "Nothing Personal" ist eine selbst auferlegte Einsamkeit, das Alleinesein, das die Menschen suchen. Es ist ein Film über das Alleinesein als Freiheit, ein gewählter Weg, nicht als Schicksal begriffen, nicht als unentweichbare, negative Wahrheit, wie es im Westen ja oft gesehen wird, da erscheint die Einsamkeit ja oft als etwas sehr Negatives. Wenn man keine 500 Freunde auf Facebook hat, gilt man schon manchmal nicht mehr als normal, so ungefähr. Und hier handelt es sich aber um Menschen, die diese Einsamkeit bewusst gewählt haben und deshalb auch so selbstsicher agieren können, und ich denke, dass das Verlangen nach Einsamkeit ebenso menschlich ist wie das nach Gemeinschaft, nach Kontakt. Mache wollen halt ... oder zu manchen Zeiten möchte man halt mit anderen sein und manchmal allein.
Hettinger: Ich muss gestehen, ich habe was ganz anderes erwartet, als ich die Konstellation Ihres Films gehört habe, denn ich habe bei der Berlinale einen Film gesehen, der zeigt, wie zwei Menschen in einer russischen Eiswüste ganz auf sich zurückgeworfen werden - der Film von Alexej Popogrebski. Eine ganz extreme, unwirkliche Situation, und dann kommt es zu extremen Handlungen. Bei Ihnen ist das ganz anders. Ich hatte so das Gefühl, dass das Haus, dass die Landschaft, dass die Musik die Charaktere umschmeichelt. Gerade die Landschaft wirkt ja oft wie so eine Interpretationsebene, in der Gefühle gespielt werden, in der Empfindungen widergespiegelt werden, das Ganze ganz gelassen erzählt, eine Sinfonie mit fünf langsamen Sätzen, um es prosaisch zu formulieren. Das schafft eine ganz eigene Zeiterfahrung. Was war die Idee dahinter, das mit dieser großen Gelassenheit und meditativen Ruhe zu erzählen?
Antoniak: Ich denke, dass "Nothing Personal" ein vollkommen anderer Film ist als der, den Sie eben erwähnt haben. Hier sind die zwei Protagonisten freiwillig in der Einsamkeit, sie haben die Einsamkeit, das Alleinesein, für sich gewollt, sie sind nicht darin gefangen und sie haben diese Situation für sich gewählt. Und wenn man diese Einsamkeit wählt, bekommt auch die Landschaft einen anderen Charakter für einen, weil es eine gesuchte Umgebung ist, in der man sich aufhält und die sozusagen zu einem Protagonisten dann wird. Und ich habe auch in diesem Fall dadurch eine sehr heitere Form der Einsamkeit gewählt, eine zufriedene, heitere Form des Alleineseins, in der die Menschen die Ruhe genießen können und sich selber hören können - meditativ in dem Sinne, dass sie auch versuchen, eine Beziehung mit sich selber aufzubauen durch diese Ruhe. Und das Alleinesein bringt hierbei keine Konflikte, sondern für diese Personen eine Bereicherung.